Ich heisse ASHIPIO
(zukünftiger Anführer meiner Gemeinde)
Auf Ashßninka nennen mich meine Eltern ASHIPIO, auf Spanisch
ABILIO. Ich bin ungefähr elf Jahre alt. Ich zähle mein Alter
nicht nach einer Geburtsurkunde, denn in meiner Gemeinde
Pachakama gibt es kein 'Registro Civil' (Einwohnermeldeamt).
Mein Vater heisst CRISTOBAL, von meiner Mutter kenne ich den
Namen nicht. Seit meiner Kindheit bin ich Waise. Ich bin in
Pachakama geboren und bis heute lebe ich mit meinem Vater
und meinen acht Geschwistern dort. Pachakama, so heisst
meine Gemeinde, und das bedeutet 'der Gott der Ashßninka'.
Mein Vater erzählt, dass sie von einem Ort kamen der
'MAANIRI' genannt wird, Name eines Berges, wo der 'Maaniri',
ein magischer und mächtiger Baum, reichlich vorkommt. Der
Ort, wo meine Grosseltern starben.
Als männlicher Sohn helfe ich meinem Vater auf dem Acker,
das Feld zu bestellen und auszusäen: Yuca, Mais, Bananen,
Stangenbohnen und vieles andere. Ich bringe Brennholz, damit
meine Schwester Tsirapa kochen kann und ausserdem ist es ein
guter Schutz (vor der Kälte) in den kalten Nächten der
Hochwaldwälder.
Heute bin ich zum ersten Mal in Satipo und nehme an einer
Versammlung der Gemeindevorsteher teil. Ich kam mit meinem
Bruder Eusebio und meiner Schwägerin Maura, die Mitglied der
Delegation aus Pachakama ist. Von Pachakama nach Satipo sind
es fünf Tage zu Reisen, über die Gemeinden San Antonio de
Ametsironi, Camisea, San Carlos und Nueva Unión. Von dort
aus mit dem Boot bis Puerto Bermüdez und nocheinmal weiter
mit dem Bus nach La Merced, Pichanaki nach Satipo. In Satipo
gefiel mir die Kleidung sehr, die sie in den Läden
verkaufen, ausserdem schmeckte mir das Schweinefleisch sehr
gut, denn es ist sehr ähnlich wie das Fleisch der Schweine
vom Berg, die in den Bergen meiner Gemeinde sehr häuffig
vorkommen.
Mein Lieblingsessen in meiner Gemeinde ist das Fleisch
von Vögeln wie das Rebhuhn, die Truthenne. Auch der
Schnepfenfisch schmeckt mir, ausserdem esse ich sehr gerne
das Fleisch von wilden Tieren, zum Beispiel von
Bergschweinen und dem Hirsch und die verschiedenen Fische
aus dem Fluss. Wenn ich mit meinem Vater zusammen auf Jagd
gehe und mit meinem Pfeil eine wilde Kuh abschiesse, stehe
ich mit Pfeil und Bogen bereit, um so lange auf das
verwundete Tier zu schiessen, bis es stirbt. So lerne ich,
ein guter Jäger zu werden, damit es meiner Familie nie an
Fleisch mangelt, wenn ich gross bin.
Ich kann mir schon meinen eigenen Pfeil und Bogen
herstellen. Mit diesen jage ich Rebhühner und eine Vielzahl
von Vögeln, die es am Tag auf dem Berg hat. Und wenn es
notwendig sein sollte, kann ich so Nahrung für meine Familie
besorgen. In einer Mondnacht gehe ich auf Jagd von
Nachttieren. Ich warte geduldig in meiner Hütte. Ich weiss,
in welchem Moment sich ein Tier der Hütte nähert. Ich kann
es anhand der Geräusche sagen, die das Tier auf dem
trockenen dürren Laub macht oder beim Aufnehmen der Kerne
ihrer Nahrung und am dunklen Schatten ihrer Körper durch die
Reflexion des Mondes. Und dann komme ich und schiesse meinen
Pfeil auf den Körper ab.
Mir gefällt es, eine Vielzahl von Früchten auf dem Berg
zu sammeln. Meine Lieblingsfrucht ist die Meronki. Es ist
eine Art Traube mit roter Farbe, wenn sie reift, herber
Schale aussenherum und mit rötlichem fleischigem
Fruchtfleisch. Um die Früchte zu sammeln, muss ich auf den
Baum klettern mit Hilfe meines Mutes und meiner Machete und
dann muss ich mit einem Haken die reifen Früchte pflücken.
Wir fällen den Baum nicht, um auch in der nächsten Saisson
wieder Früchte pflücken zu können. Das alles weiss ich, weil
es mir mein Vater und mein Grossvater beigebracht haben.
Ich erkenne die Jahreszeiten anhand der Blüten der Bäume.
Wenn zum Beispiel der Baum Simashiri in gelber Farbe blüht,
sind wir in der Jahreszeit, in der die Fische, die Vögel und
die Tiere des Berges dick werden und es den Schlangen am
meisten gefällt, ihre Beute als Nahrung zu verschlingen.
Wenn ich krank bin, heilt mich mein Vater mit
medizinischen Pflanzen, die er vom Berg holt. Wie zum
Beispiel die Maaniri und die Inchashi... und auch mit seiner
ausgesäten Medizin, wie der Ibenki oder der Tabak, der hilft
bei Bissen von Schlangen, Taranteln, Skorpionen und um nicht
untätig zu sein. Die Alten erzählen, dass es die Puzanga
gibt, eine Art von aromatischen und magischen Kräutern, die
die Frauen anziehen, wann immer du willst. Eine davon ist
die Chokiyopini. Sie soll eine der effektivsten sein, die,
so erzählen die Alten, nur in der Höhe der Berge meiner
Gemeinde vorkommt.
Mein bester Freund heisst Javier. Auf Ashßninka
Jawiroshi, was so viel bedeutet wie 'Blättchen'. Mein
Lieblingsspiel ist Chotari, was dem Volleyball gleicht. Man
kann es alleine, zu zweit oder zu mehreren spielen. Der
Chotari wird aus reifen und trockenen Maisblättern
hergestellt und mit Vogelfedern/daunen gefüllt.
Übersetzt von Adelheid Knäble
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