|
|
|
|
|
|
|
Biodiversität und indigene Völker
>Teil 2 |
|
|
|
|
|
|
|
|
Neben dem Schutz und der Achtung des
traditionellen Wissens soll auch seine Nutzung durch die
Privatindustrie gefördert werden. Man hofft auf die
Entdeckung neuer, unbekannter Wirkstoffe für Pharmazie und
Medizin. Diese Erwartung gründet auf den Vorteilen, die die
moderne Welt früher schon aus der Anwendung traditionellen
Wissens zog. Coca Cola z.B. verdankte seinen Erfolg zunächst
belebenden und auf traditionelles Wissen zurückgehenden
Wirkstoffen aus der amerikanischen Cocapflanze und der
afrikanischen Kolanuss, an deren Stelle später synthetische
Ersatzstoffe traten. Anders als früher stellt die
Biodiversitätskonvention nun aber den Wissensträgern eine
Gewinnbeteiligung für die Bereitstellung ihrer Kenntnisse
zu.
Die politischen Vertreter der indigenen Völker selbst sind
mit den Zielen der Konvention weitgehend einverstanden. Sie
sehen aber eine Reihe ihrer Rechte nicht ausreichend
berücksichtigt. Ein Problem besteht in den völkerrechtlichen
Neuerungen, die die Biodiversitätskonvention einführte.
Dabei spielt eine Rolle, dass die biologische Vielfalt in
den Entwicklungsländern reichhaltiger ist, dass sich die
Technologie zur Verwertung dieses biologischen Reichtums in
Medizin, Kosmetik oder Pharmazie aber im Besitz der
Industrienationen befindet. Mit dem Ziel größere
Nord-Süd-Gerechtigkeit herzustellen, hat die
Biodiversitätskonvention die Position der Entwicklungsländer
gestärkt und ihnen die Oberhoheit über die biologischen
Ressourcen übertragen. Völkerrechtlich ist die biologische
Vielfalt damit nicht mehr wie früher "Erbe der Menschheit“
und frei verfügbar, sondern sie gehört den Staaten, in denen
sie ihren Standort hat.
Danach unterstehen alle Pflanzen, Tiere, Ökosysteme und
Bestandteile derselben, an denen indigene Gemeinschaften
ihre Kenntnisse und Praktiken ausgebildet haben, der
Oberhoheit der Nationalstaaten. Die politischen Vertreter
der indigenen Völker geben sich damit nicht zufrieden,
sondern verlangen Rechte an den biologischen Ressourcen, an
die das traditionelle Wissen geknüpft ist, sowie die Rechte
über das Land, auf dem sich die biologischen Ressourcen
befinden. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Auch die kommerzielle Nutzung ihres
traditionellen Wissen durch die Privatindustrie stößt bei
den indigenen Vertretern auf Vorbehalte. Zuvor wollen sie
ihre geistigen Eigentumsrechte gesichert sehen und vor
Biopiraterie geschützt sein, die, wie das
Ayahuasca-Patent
zeigt, eine unrechtmäßige Aneignung von geistigem Wissen
darstellt. Noch ist nicht klar, wie dies zu erreichen ist,
denn das herkömmlichen Recht zum Schutz geistigen Eigentums
scheint für diese Zwecke nicht tauglich. Es basiert
wesentlich auf dem Patentrecht, das es erlaubt, Patente
anzumelden, Lizenzen zu vergeben und daraus Gewinne zu
erzielen. Es wird von den politischen Vertretern der
indigenen Völker kritisch bewertet, weil kaum ein indigenes
Volk Zugang zu nationalen oder internationalen Patentämtern
hat oder über die Finanzmittel und Rechtsbeistand zur
Beantragung eines Patentes verfügt. Außerdem scheint sein
Zuschnitt für den Schutz des traditionellen Wissens
ungeeignet. Patente schützen nämlich nur für eine begrenzte
Dauer die kommerzielle Nutzung einer individuellen
Erfindung. Die politischen Vertreter der indigenen
Gemeinschaften weisen darauf hin, dass indigenes Wissen
einen kollektiven und generationsübergreifenden Charakter
besitzt, aber keine kommerziellen Absichten verfolgt. Sie
plädieren dafür, ein eigenes System zu entwickeln, das
traditionellem Wissen Schutz bei der breiteren
(kommerziellen) Anwendung gewährt, vor allem aber Schutz vor
der unautorisierten Anwendung durch Dritte.
Vertreter indigener Organisationen sind mittlerweile auf
den meisten Konferenzen der Biodiversitätskonvention
vertreten. Sie haben das Internationale Indigenenforum über
die biologische Vielfalt gegründet, das zu bisher 8
Sitzungen zusammenkam und großen Anteil daran hatte, dass
sich um den vergleichsweise unbedeutenden Artikel 8(j) und
das traditionelle Wissen eine Vielzahl von Aktivitäten
entwickelten. Die Biodiversitätskonvention hatte eine eigene
Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Artikels 8(j) eingesetzt,
die mittlerweile zweimal getagt hat und ein Arbeitsprogramm
und Prioritäten festgelegt hat.
Mittlerweile sind auch andere Organisationen der Vereinten
Nationen mit dem Thema beschäftigt: Während die
Biodiversitätskonvention das Potential der
umweltverträglichen und naturnahen Nutzungsformen indigener
Gemeinschaften interessiert, sucht die UNESCO nach
Maßnahmen, die den Fortbestand dieses Wissens sichern. Die
UNCTAD will den wirtschaftlichen Wert z.B. des indigenen
Heilpflanzenwissens einschätzen und es für Handel und
Entwicklung nutzbar machen, während die WIPO überlegt, wie
die geistigen Eigentumsrechte der Inhaber dieses Wissens für
die kommerzielle Nutzung, vor allem aber vor dem unlauteren
Zugriff Dritter wirksam zu schützen sind.
|
Weitere Fotos von
Tieren und Pflanzen aus dem Regenwald Ecuadors finden
Sie hier. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|