In Gebieten mit reicher biologischer
Vielfalt haben sich Wechselwirkungen mit kultureller
Vielfalt entwickelt. In den tropischen Regenwäldern, wo über
die Hälfte der weltweiten Pflanzen- und Tierarten beheimatet
ist, konzentriert sich auch eine Vielzahl menschlicher
Gemeinschaften unterschiedlicher Größe, Sprache und Kultur.
Die Amazonas-Anrainerstaaten Brasilien, Kolumbien,
Ecuador und Peru gehören zu den 12 Megadiversitätsländern
der Erde, in denen 70 Prozent der weltweiten biologischen
Vielfalt vorkommen. Mit geschätzten 400 indigenen
Gemeinschaften beherbergt Amazonien eine große kulturelle
Vielfalt.
Als 1992 angesichts des dramatischen Artensterbens auf dem
Erdgipfel in Rio de Janeiro die "Biodiversitätskonvention"
unterzeichnet wurde, wollte man auf das Wissen nicht
verzichten, das indigene Gemeinschaften im Umgang mit ihrer
Umwelt ausgebildet haben. Indigene Gemeinschaften besitzen
Kenntnisse über die Eigenheiten und Nutzungsmöglichkeiten
von Pflanzen. Durch Zucht und Auslese haben sie zur Vielfalt
von Nutztieren und -pflanzen beigetragen. Sie haben zudem
Kenntnisse über die heilende Wirkung von Pflanzen, die von
großem Wert für die pharmazeutische und kosmetische
Industrie sein könnten.
In der Biodiversitätskonvention wird deshalb auf das Wissen
indigener und lokaler Gemeinschaften Bezug genommen:
- Das traditionelle Wissen indigener Gemeinschaften, das
für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der
biologischen Vielfalt von Bedeutung ist, ist zu achten, zu
bewahren und zu erhalten.
- Die Nutzung dieses Wissens (z. B. durch die
pharmazeutische Industrie) ist zu fördern und dies mit
Billigung und unter Beteiligung seiner Träger.
- Eine gerechte Beteiligung der aus der Nutzung dieses
Wissens erzielten Gewinne ist zu gewähren.
Die Biodiversitätskonvention hat mittlerweile eine
Arbeitsgruppe zur Umsetzung dieser Bestimmungen
eingerichtet, an der Indigenenvertreter aller Erdteile
teilnehmen. Das "Internationale Indigenenforum über
Biodiversität" hat bei der Konvention mittlerweile
Beraterstatus.
Da aber viele indigene Völker bzw. ihre Sprache und Kultur
selbst bedroht sind, wäre nachzufragen, ob man Wissen
schützen kann, ohne zugleich das Überleben seiner Inhaber zu
sichern. |