Nunghuí - eine Legende
von der Entstehung der Chacra
Nunghuí ist die Schwester von Manduru (Achiote) und Winduj
(Huituc). Sie lief mit ihrer Tochter Hunculu durch den Wald.
Drei Männer wollten Hunculu heiraten: Quindi (Kolibri),
Acanga (Falke) und Sicuanga (Tukan). Sie fragte sich, wer
wohl von den Dreien der beste Arbeiter sei. Die Frauen
hörten Geräusche von fallenden Bäumen und Gelächter, wie von
einem starken und tüchtigen Arbeiter. Sie sahen Acanga auf
dem Gipfel eines Berges, wie er laut lachend große
Steinbrocken aus den Felsen pickte und in den Wald warf. Das
Aufschlagen der Felsbrocken klang so wie das Fällen von
Bäumen. Nichts war geschnitten oder gesäubert, nichts hatte
der Falke getan.
Später kamen die Frauen zu der Fläche, die
Quindi bearbeitet hatte. Die Bäume waren gefällt, so dass
sich das Sonnenlicht auf dem am Boden liegenden Laub
spiegelte. "Mit dem Sonnenlicht wird der Maniok wachsen",
sagte Nunghuí, "aber wir müssen die Pflanze kennenlernen und
sie setzen." Hunculu fragte Nunghuí: "Wie können wir eine
solch große Chacra bepflanzen?" "Wir müssen jetzt
Maniokstecklinge bekommen", antwortete Nunghuí. Und kaum
hatte sie dies ausgesprochen, bekam sie einen großen Stoß
Stecklinge. Nunghuí bemalte nun die Stecklinge und auch ihr
eigenes Gesicht mit Achiote, der roten Farbe ihrer
Schwester. So lernten sich Nunghuí und der Maniok kennen.
Ohne die Bemalung würde die Pflanze allen, die versuchen
würden, ihr Wachstum zu kontrollieren, das Blut (Leben)
entziehen.
Nunghuí begann den Boden zu bearbeiten und grub, bis sie
sehr müde war. Hunculu sagte: "Ich grabe für dich." Sie
bearbeitete den Boden, immer tiefer bis zum unfruchtbaren
Waldboden. Ein großes Loch war gegraben, in welches Hunculu
hinunterstieg. Dort unten, wo die Wurzeln des Waldes sind,
grub sie weiter. Nunghuí schaute hinunter zu ihrer Tochter
und blies mit ihrem magischen Atem auf sie. "Bleib so!",
rief sie und verwandelte Hunculu in einen großen Frosch. Und
Nunghuí verwandelte sich in eine harmlose schwarze Schlange
mit weißer Kehle. Nunghuí erscheint nun den Frauen als
Geist, der in schimmerndem Blauschwarz gekleidet ist und
hinterläßt ihnen rote und schwarze Seelensteine. Diese
helfen den Frauen, ihr Wissen über die Pflanzen zu
verbessern.
Nunghuí blies auf Quindi und erschuf ihn als Kolibri. So
begann der Anbau von Maniok auf den Chacras. Auf ihnen
wächst das Grundnahrungsmittel der Amazonasindianer, und sie
sind Quelle des lebensspendenden Chicha. Nunghuí bleibt auf
der Chacra, wo sie das Wachstum der Pflanzen überwachen
kann. Hunculu blieb in den Tiefen des Bodens der Gärten und
Wälder, als weiblicher Aspekt zum sie umgebenden
(männlichen) Regenwald. Quindi blieb auch auf der Chacra, wo
seine Präsenz als die einzige männliche Kraft in dieser
weiblichen Domäne vorhanden ist.
|